Category Archives: Bücher

Alles über Bücher, die ich lese

Apostoloff

Ein politisch unkorrektes Buch – und das in der heutigen Zeit!

Zwei Schwestern auf der Reise durch Bulgarien, die Heimat des Vaters.

Die Reise besteht aus zwei Teilen. Die Leichen von mehreren Exilbulgaren werden auf Kosten eines Millionärs – Tabakoff – in einem Konvoi von Luxuslimousinen von Stuttgart nach Sofia überführt.

‚Dieser von uns so lange übersehene Tabakoff, dieser eigensinnige Mann, dachte sich seinen persönlichen Totenfahrplan aus, wie gewohnt ging er dabei auf eigene Rechnung vor. Es bereitete ihm Vergnügen, alles bis in die kleinste Verzweigung hinein selbst auszuarbeiten. Er bestimmte die Reiseroute, bestimmte die Hotels, die den Troß beherbergen sollten, verhandelte mit Besitzern von Limousinenflotten, verhandelte mit den Behörden in Stuttgart – und schon wieder befällt mich ein Kichern: allein die Vorstellung, wie Tabakoff ins Innere der Stuttgarter Staatskanzlei vordringt, wo er auf den mit spitzen Milchzähnen bewehrten Ministerpräsidenten trifft und den Hochmütigen allmählich in ein zutrauliches Hündchen verwandetl, macht, dass ich mich zappelnd auf die Seite werfe‘

Die beiden Schwestern begleiten die Leiche des Vaters und werden dann von Rumen Apostoloff durch Bulgarien gefahren.

‚Wir, sage ich zu meiner Schwester, sind noch gut davongekommen. Meine Schwester sitzt vorne auf dem Beifahrersitz und schweigt. Nur ein winziges Neigen des Kopfes Richtung Fenster deutet an, daß sie verstanden hat. Sie ist an meine Eröffnungen gewöhnt und weiß, was gemeint ist.

Weg und fort und Ende, sage ich. Ein Vater, der ein Ende macht, bevor er die ganze Familie zermürbt, ist eher zu loben als zu verdammen.‘

Das Buch ist eine Abrechnung mit dem Vater. Es wird nie so richtig offensichtlich, was die Probleme waren, aber der Vater wird nicht vermisst und Bulgarien wird nicht als zweite Heimat empfunden. Im Gegenteil.

Sehr humorvoll geschrieben und lesenswert.

Apostoloff

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Stoner

William Stoner enters the University of Missouri at nineteen to study agriculture. Later, he becomes a teacher. He marries the wrong woman. His life is quiet, and after his death his colleagues remember him rarely.

Das sagt schon fast alles über das Buch. Aber Stoner trifft doch noch seine große Liebe und man wünscht ihm, dass er endlich die Entscheidung trifft, seine Frau zu verlassen und glücklich zu werden. Es kommt dann doch zu keinem happy end.

Trotzdem hat man als Leser nicht den Eindruck, dass Stoner unglücklich ist. Er lebt sein Leben, erträgt seine Frau, seinen Vorgesetzten an der Universität mit einer stoischen Gelassenheit. Zwischendurch will man ihm zurufen ‚mach endlich mal was‘. Das ist nicht seine Art.

Vielleicht klingt die kurze Inhaltsbeschreibung nach Langeweile. Die kommt aber nicht auf! Gut, dass das Buch wieder entdeckt wurde und hoffentlich viele Leser findet.

Stoner

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Die Pilgerjahre des farblosen Herrn Tazaki

Tsukuru Tazaki war in seiner Schulzeit mit drei Jungen und zwei Mädchen befreundet. Die fünf Freunde hatten etliche Gemeinsamkeiten, aber eine Gemeinsamkeit hatten nur vier von ihnen – in jedem ihrer Nachnamen kam eine Farbe vor, nur Tazaki beinhaltet keine Farbe. Die fünf Freunde hatten eine schöne Zukunft vor sich, gute Ausbildung, gutes Elternhaus.

Aber dann wurde Tsukuru ausgestoßen aus der Clique und es hat viele viele Jahre gebraucht, bis er wusste warum. Er ging nach Tokyo, studierte Eisenbahnwesen, das hatte ihn schon immer fasziniert und lebte alleine.

‚Er hatte gelebt wie ein Schlafwandler oder wie ein Toter, der noch nicht gemerkt hatte, dass er tot war‘.

Bis er eines Tages eine faszinierende Frau trifft – Sara. Sie zwingt ihn dazu, sich mit seiner Vergangenheit auseinander zu setzen und Tsukuru macht sich auf die Reise in diese Vergangenheit. Er sucht den Kontakt zu den alten Freunden, reist bis nach Finnland und versteht am Ende, was damals passiert ist.

Erst dann kann er sein Leben richtig leben

Ein ganz wunderbarer Roman von Haruki Murakami über Freundschaft, Schmerz, Enttäuschung und auch wieder Vertrauen.

Die Pilgerjahre des farblosen Herrn Tazaki

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Der Traum des Kelten

Roger Casements Geschichte lässt einen atemlos zurück. Sein Einsatz für den menschlichen Umgang mit der Bevölkerung sowohl im Kongo als auch im Amazonasgebiet ist für diese Zeit sicher beispiellos. Ich denke, auch für die heutige Zeit. Er zeigt auf, dass die Gier das Böse im Menschen zum Vorschein bringt, das Streben nach Gewinn jeden über Leichen gehen lässt. Bis heute hat sich daran ja leider nicht viel geändert. Die Strapazen, die Roger Casement auf sich nimmt, um die Greueltaten mit Tatsachenberichten zu belegen, sind unvorstellbar. Es gelingt Mario Vargas Llosa die Greuel zu beschreiben, die die Eingeborenen ertragen müssen, ohne dass der Leser es nicht mehr ertragen kann.

Roger Casement hat sich dann der Befreiung Irlands zugewandt und wurde zum fanatischen Patrioten. Auch für diese Sache opfert er sich bis zur totalen Erschöpfung auf.

Am Ende sitzt er als Verräter im Gefängnis, fast alle seine Freunde haben sich von ihm abgewandt, weil die britische Regierung seine Tagebücher veröffentlichen lässt, in denen er über seine homosexuellen Neigungen schreibt und fantasiert, was sich nur schlecht auseinander halten lässt. Homosexualität zu seiner Zeit war ja gegen alle Gesetze, da freut man sich, dass wir in einer toleranteren Zeit leben.

Seine Homosexualität hat ja auch bis heute praktisch verhindert, dass Roger Casement als irischer Nationalheld Anerkennung findet. Wie gut, dass sich die Zeiten geändert haben! Und wie gut, dass es auf der Welt Menschen wie Roger Casement gab und hoffentlich immer noch gibt!

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Ein diskreter Held

von Mario Vargas Llosa! Endlich wieder ein Buch von ihm, hab ich gejubelt und wurde nicht enttäuscht.

Felicito Yanaqué, Inhaber der Firma Transportes Narihuala. Sein Lebensmotto hat er von seinem Vater bekommen, einem einfachen Landarbeiter, der weder schreiben noch lesen konnte. ‚Lass Dich niemals von jemand herumschubsen, mein Sohn‘. Sein Vater, der hart arbeitete und hungerte, damit Felicito zur Schule gehen konnte. Und dieses Motto macht Felicito zum Helden. Er weigert sich, auf eine Erpressung einzugehen und Schutzgeld zu zahlen. Das bringt ihm viele Unannehmlichkeiten ein, aber er gibt nicht auf. Er inseriert in der lokalen Zeitung, warum er nicht zahlt und wird zum Helden der Stadt. Verliert aber auch Geschäft, weil die Menschen Angst haben, mit seinen Bussen zu fahren. Man weiß ja nicht, was die Mafia alles plant zur Bestrafung.

Rigoberto, leitender Angestellter einer Versicherung, der den vorzeitigen Ruhestand plant, um mit seiner Frau endlich eine Europareise machen zu können. Der Besitzer der Versicherung Ismael Carrera bittet ihn Trauzeuge bei seiner zweiten Hochzeit zu werden. Er heiratet seine Hausangestellte. Nicht zuletzt um seinen missratenen Söhnen das Erbe vorzuenthalten. Auch Rigoberto ist auf seine Art sehr standhaft und lässt sich von Carrera’s Söhnen keine Angst einjagen, nach dem die Hochzeit bekannt wurde und das Brautpaar sich auf eine längere Hochzeitsreise verabschiedet hat. Die Söhne setzen alles in Bewegung, um die Heirat für nichtig erklären zu lassen.

Auf den ersten Blick haben beide Geschichten nichts miteinander zu tun, aber es erschließt sich alles im Laufe der Geschichte.

Spannende Unterhaltung bis zur letzten Seite!

Vargas Llosa

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Wünsche

haben wir alle. Auch den Wunsch mal aus dem Alltag auszubrechen. Nur tun es die wenigsten.

Nicht so Vera. An einem Silvestermorgen geht sie schwimmen. Trifft im Hallenbad eine Frau, die ihr gefällt. Klaut mit einem Trick deren Tasche einschließlich Personalausweis und fliegt nach London.

Wünsche ist auch das Kaufhaus von Friedrich Wünsche, der von seiner Frau getrennt lebt, eine erfolgreiche Karriere in einem Warenhauskonzern aufgegeben hat, um das Kaufhaus der Eltern in der rheinländischen Provinz zu übernehmen und mit einem neuen Konzept weiterzuführen.

Vera und Friedrich haben als Jugendliche in einem Film mitgespielt. Und Karatsch, Vera’s Mann (und Pflegevater), zeigt diesen Film jedes Jahr an Silvester. Sicher ein Grund wegzulaufen und ein anderes Leben zu suchen.

Meret, Friedrich’s Schwester und Vera’s ehemalige beste Freundin mit einem eher außergewöhnlichen Leben, spielt auch eine Rolle. Und natürlich Jo, Vera’s und Karatsch’s Sohn, der Schiffsbauingenieur werden will und auf große Fahrt geht für das Praktikum.

Alle zusammen machen sich auf die Suche nach Vera – aber lest selbst, was so alles passiert. Ein äußerst unterhaltsames und humorvolles Buch von Judith Kuckart.

Wünsche

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Glück

hatte Alice Munro, dass sie doch noch den Nobelpreis bekommen hat.

Ich gebe zu, ich habe mir das erste Buch von ihr auch erst gekauft, als das bekannt gegeben wurde. Ihre Erzählungen sind wirklich wunderbar. Diese Leichtigkeit, die wohl nur nordamerikanische Schriftsteller mitbringen, um auch sehr ernste Themen zu beschreiben.

Zu viel Glück heißt das kleine Buch mit 10 Erzählungen.

Doree, die einen älteren Mann geheiratet hat, der sie unterdrückt und die gemeinsamen Kinder ermordet, als er glaubt, sie will ihn verlassen. Und trotzdem besucht sie ihn noch in der psychiatrischen Anstalt. Er ist der einzige, der ihren Schmerz empfinden kann.

Die Geschichte der Sofia Kowalewskaja, einer hochbegabten Mathematikerin, leider zur falschen Zeit. Sie muß nach Schweden, um eine Anstellung als Professorin zu bekommen, verliebt sich in Maxim, einen Egozentriker und stirbt als sie von Frankreich, wo sie Maxim besucht und ein Heiratsversprechen bekommen, wieder zurück in Schweden ist.

Und viele weitere wunderschöne Erzählungen aus dem unspektakulären Leben von Kanadiern aus der Provinz. Nie langweilig und nie übertrieben.

Ich freue mich auf weitere Erzählungen von Alice Munro!

Alice Munro

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De Schilder en het meisje

Der Maler und das Mädchen. Ein wunderbares Buch von Margriet de Moor. Erzählt die Geschichte eines Malers in Amsterdam – Rembrandt – und einer dänischen Immigrantin – Elsje Christiansen. Das Mädchen ist nach Amsterdam gekommen auf der Suche nach der großen Schwester, die vermutlich irgendwo als Dienstmädchen arbeitet. Es erzählt die abenteuerliche Geschichte ihrer Reise von Dänemark, erst auf einem holländischen Frachter, der die Holzstämme transportiert, auf denen Amsterdam gebaut ist. Die Reise beginnt im Winter, die Ostsee friert zu und Elsje sitzt mit dem Schiffer und dessen Helfer auf einer Insel fest. Da kommt die Rettung – Trein Jansdogter ist auf dem Weg zu ihrer Familie irgendwo in Jütland mit einem Pferdeschlitten. Sie nimmt Else mit und dann geht es weiter mit einem Viehtransport. Bis nach Amsterdam. Elsje hat nicht mehr viel Geld, sie landet in einer Art Gästehaus, wobei die Besitzerin durchaus auch mal junge Mädchen, die die Miete nicht bezahlen können an Männer vermittelt. Elsje sucht sich keine Arbeit sondern läuft durch Amsterdam auf der Suche nach der Schwester. Ein hoffnungsloses Unterfangen. Amsterdam ist groß, die Schwester könnte auch an der Pest gestorben sein, die Amsterdam bis vor kurzem heimgesucht hat. Die Besitzerin des Schlafhauses verlangt die Miete, Elsje hat kein Geld. Sie wird wütend und schlägt mit dem Beil auf die Besitzerin ein, mehrmals. Diese stirbt. Elsje wird gefangen, vor Gericht gestellt. Sie gibt alles zu, bereut nichts und wird zum Tod durch Erwürgen verurteilt. Am Tag ihres Todes ist Rembrandt auf dem Weg durch die Stadt, sieht die Menge, die sensationslüstern zum Stadthaus eilen, wo die Verurteilung Elsjes vollzogen wird. Rembrandt geht Farben kaufen, geht noch in eine Kneipe. Trifft dort die Frau eines Stadtrates, der Kunde von ihm war und sie erzählt ihm von Elsjes Todeskampf. Was hätte man auch machen können? Sie war schuldig. Es wird auch noch Rembrandts Geschichte erzählt, der Tod seiner zweiten Frau, die auch an der Pest stirbt, sein Konkurs lange davor, wie alles, was er besass beschlagnahmt und versteigert wurde. Ein alternder, etwas aus der Mode gekommener Maler.

Als am Abend von Elsjes Tod sein Sohn nach Hause kommt, der ebenfalls die Verurteilung gesehen hat und davon erzählt, zeit Rembrandt plötzlich Interesse.

Weil Elsje nicht bereut hat, wird sie auch nicht begraben. Ihr Körper wird zum Kalvarienplatz gebracht und den Vögeln und Tieren überlassen. Rembrandt lässt sich dort hin bringen und zeichnet Elsje.

Leider gibt es keinen Hinweis auf den Titel und wo das Bild oder die Zeichnung heute zu sehen ist.

De Schilder en het meisje

 

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Behzat C.

der türkische Schimanski. Aber eigentlich nicht. Schimanski hatte ja manchmal ungewöhnliche Methoden. Behzat C. arbeitet gelegentlich am Rechtsstaat vorbei und körperliche Gewalt gegenüber Verdächtigen und Gefangenen ist an der Tagesordnung. Ein erschreckender Einblick in die türkische Polizeiarbeit. Aber sehr spannend geschrieben und auf jeden Fall lohnenswert.

Behzat C raucht, säuft und hurt. Geschieden, keine Zeit für seine Tochter, die sich letztlich umbringt, was ihn aus der Bahn wirft. Eda ist die einzige Frau in der Mordkommission und muss sich in dieser Männerwelt heftig zur Wehr setzen, dass sie nicht nur Kaffee und Tee besorgen darf. Harun ist sein Stellvertreter und ein Macho par excellence. Kommissar Ismet nur bekannt als der Geier, ist eigentlich schon am Tatort bevor überhaupt was passiert ist 🙂 Dann gibt es noch das Gespenst, er trägt jeden Tag das gleiche Hemd, glauben die Kollegen. Er hat aber mal einen Sonderposten gleicher Hemden gekauft, trägt jeden Tag ein frisches, was aber nicht auffällt. Ansonsten zeichnet er sich aus, dass er praktisch unsichtbar Verdächtige überwachen kann.

Man fragt sich nach der Lektüre allerdings, mit welchem Recht die türkische Politik die deutsche Polizeiarbeit kritisiert. Ich fürchte, da wäre genug Dreck vor der eigenen Haustür.

Ich habe bis jetzt zwei Bände von Behzat C in deutscher Übersetzung gefunden. Beide sehr lesenswert.

Die Bücher werden in binooki-Verlag aufgelegt. Ein kleiner Verlag, der hauptsächlich türkische Literatur in deutscher  Übersetzung veröffentlicht.

Behzat_C1

 

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PONG

ping ping Pong, Pong ping. Ganz ehrlich, ich habe das Buch gelesen, aber nicht verstanden.

Vielleicht soll und darf man es ja auch nicht verstehen. Pong mag keine Frauen, befreit die Tiere des Zoos in Berlin. Sucht Evmarie, die seine Frau werden soll. Will in einem Kiosk in der Berliner Ubahn sitzend ein Vorbild für gutes Benehmen sein. Trifft Evmarie, lässt sich aber erst zeigen, ob sie auch ein Ei dabei hat. Mit seinem und ihrem Ei wird der Nachwuchs ausgebrütet, der wiederum seinen Nachwuchs ausbrütet, bis die Dachterrasse von Miniaturnachwüchsen bevölkert ist.

Schließlich springt Pong von der Dachterrasse und der geneigte Leser ist irgendwie erleichtert.

PONG

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